Gedanken zur Arbeitszeit der Lehrkräfte

Das MBJS veröffentlichte im September 2007 einen Leitfaden „Aufgaben des päd. Personals an Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Land Brandenburg“. Hier sind u.a. folgende Aufgaben für Lehrkräfte aufgeführt:

  • Unterricht

  • Bildung und Erziehung

  • Beratung

  • Bewertung

  • Schulische Verwaltungsaufgaben

  • Leitung einer Klasse/Tutorengruppe

  • Leitung einer Jahrgangsstufe

Eigentlich hätte ein guter Lehrer mit diesen Aufgaben genug zu tun, die 40 Stunden Arbeitswoche eines Beamten (das sind ja die meisten Kollegen) wäre voll ausgefüllt.

Wer ein engagierter Lehrer ist (schwarze Schafe gibt es in jeder Berufsgruppe!) wird wissen, dass viele Kollegen mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten. Ich selbst addierte einmal meine Arbeitszeit zusammen und kam in einer Woche auf 52 Stunden, die ich für mein Berufsleben eigespannt war. Nun gut, wir haben auch die Ferien… Aber die haben wir auch regelmäßig bitter nötig. Und wenn wir am Sonntag wieder am Schreibtisch sitzen und uns auf den Unterricht am Montag vorbereiten, dann ist das ja auch Arbeitszeit …. So habe ich selbst in den Ferien auch kein schlechtes Gewissen mehr zuhause zu sein, wenn andere Berufsgruppen früh raus müssen.

Und welche Aufgaben sollten wir nun auch noch übernehmen?

Jede Schule schreibt in den zukünftigen Jahren seinen eigenen schulinternen Rahmenlehrplan.
Wer durchzählt, wie viele Fächer in einer Schule unterrichtet werden und wer mitzählen kann, wie viele Kollegen an einer Schule arbeiten weiß, dass fast jeder Kollege an einer kleineren Schule allein für ein Fach die Verantwortung trägt. Im ländlichen Raum sind große Schulen fast nur noch in der Schulform Gymnasium zu finden, die Grundschulen kommen teilweise mit weniger als 10 Kollegen aus.

Als Grundlage für die Schulinternen Rahmenpläne gibt es eine „Bibel“ – Curriculum (gefühlte 1000 Seiten), die keiner mit ins Bett nehmen kann, die kaum auf dem Schreibtisch Platz hat, die eigentlich nur am Rechner gelesen werden kann. Unsere Aufgabe ist es quer zu lesen, das heißt, viele viele verschiedene Seiten (Kompetenzbereiche und Standards, Themen und Inhalte, Bezüge zu den Basiscurricula, Bezüge zu übergreifenden Themen, Fächerverbindende Bezüge … und gaaanz wichtig: die Medienkompetenz) müssen miteinander verknüpft werden, um den „eigenen“ Plan zu schreiben.

Ja, wir arbeiten dran, er muss nicht gleich fertig sein, er wird ja im nächsten Schuljahr erst eingeführt und dann geht’s weiter…
Aber es gibt auch Schulen, Schulleiter, übereifrige Kollegen, die denken, der Plan müsse zu Beginn des kommenden Schuljahres stehen. Ich sage da nur: falsch und selbst Schuld.

Aber eigentlich sind genau diese Kollegen ja daran interessiert, dass Schule noch nach Plan funktioniert.
Das Ministerium gibt uns (hoffentlich guten Gewissens) die Freiheit: wir probieren erst einmal, mal sehen, was raus kommt („Versuche am lebenden Objekt“). Keiner muss, aber alle machen mit.

Jede Schule schreibt seinen eigenen Plan – wie viel Arbeitszeit da verbrannt wird.
Die Erarbeitung des Curriculums hat auch Zeit in Anspruch genommen – es wurde viel aufgeschrieben, immer nach dem Motto: neue Pläne – alles (in diesem Fall die Bildung) wird besser. Wer‘s glaubt…?

Es ist schlimm zu wissen, dass es sicher Eltern gibt, die mit ihren schulpflichtigen Kindern umziehen. Schließlich erwartet man ja in unserer Gesellschaft Flexibilität am Arbeitsplatz. Demzufolge müssen die Kinder dann auch die Schule wechseln. Im schlimmsten Fall lernt dann ein Kind zwei Jahre hintereinander die gleichen Inhalte oder es fehlt Grundwissen, das an der „neuen“ Schule schon im vergangenen Jahr unterrichtet wurde. Das auszugleichen ist dann wieder „nach umfangreichem Studium des Kindes“ Aufgabe des Lehrers mit dem individuellen Förderplan.

Und für uns Kollegen ist es schlimm zu wissen, wie das Ministerium mit unserer Arbeitszeit und mit unserer Kraft umgeht, die wir ja in die Erarbeitung des neuen Schulinternen Rahmenplans stecken müssen.                                                                                                                                                 Die eigentliche pädagogische Arbeit, nämlich die Vorbereitung und Nachbereitung des Unterrichts, die ständig steigenden Anforderungen an die Differenzierung (Inklusion), die Zusammenarbeit mit Eltern und allen anderen geforderten multiprofessionellen Partnern kommt dabei zu kurz.

Der Knaller ist nun auch noch die neuerliche Diskussion um die Schulnoten.

Geht’s noch?

Vielleicht ist das die Reaktion auf die Feststellung, dass mit den Niveaustufen des neuen Rahmenlehrplans (noch?) keine sinnvolle Bewertung möglich ist.

Die Gesellschaft (Eltern, Berufswelt…) ist überhaupt nicht auf Worturteile eingestellt, kann mit Worturteilen wenig anfangen, mal abgesehen davon, dass es da ja dann auch wieder möglich ist, dass „Fritzchen“ von Kollege A. ganz anders „interpretiert“ wird , als von Kollege B.
Und gut überlegte und wohl durchdachte Worturteile erfordern auch viel viel Zeit (jeder, der schon Beurteilungen geschrieben hat, weiß das).

Dann gibt es in der oben genannten Veröffentlichung des MBJS aber noch den Passus:

  • Aufgaben der/des Leiterin/Leiters einer Fachkonferenz

Hier heißt es u.a.: Der Leiter einer Fachkonferenz hat die Aufgabe, – die Arbeit der Fachkonferenz in Abstimmung mit der Schulleitung zu koordinieren, – die laufende Fortschreibung der schuleigenen Lehrpläne/ des schulinternen Curriculums zu organisieren, – Abstimmungen mit den anderen Fachkonferenzen der Schule über allgemeine Richtlinien durchzuführen, – die Beschlüsse der Konferenz der Lehrkräfte umzusetzen, – die Zusammenarbeit mit Fachkonferenzen anderer Schulen zu koordinieren, – für die Umsetzung der Beschlüsse der Fachkonferenz zu sorgen… und – mit Vertreterinnen und Vertretern des B.U.S.S. zusammenzuarbeiten.

Nach diesem Leitfaden kommen wir an der Verfassung der schulinternen Rahmenlehrpläne nicht vorbei. Wie bindend Leitfäden für unsere Arbeit sind, dass sollen andere prüfen.

Ich bin Fachkonferenzleiter und eigentlich gern Lehrer und hoffe, ich habe die Kraft es noch ein paar Jahre zu sein. Und es schmerzt mich sehr in der Gesellschaft immer wieder zu hören: „Bloß gut, mein Kind ist durch diese Bildungssystem durch. Hoffentlich hat sich bis zur Einschulung der Enkel etwas getan….“  Schließlich bin ich selbst „ein Teilchen“ diese Bildungssystems.
UND auch ich werde älter und merke, wie die Kraft schwindet.

Anke Burdack
(Förderschullehrerin, Fachkonferenzleiterin Deutsch, Personalratsmitglied, Kreissprecherin des BPV in OSL und Mutter einer vierköpfigen Familie)

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