Welttag der Lehrkraft: VBE und GEW fordern “nationale Kraftanstrengung” für Bildung

BERLIN. Die beiden größten Bildungsgewerkschaften Deutschlands fordern aus Anlass des Welttags der Lehrkraft am 5. Oktober grundlegende und systemische Veränderungen im Bildungssystem, anstatt permanent im Krisenmodus zu fahren.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) folgen dem Motto des Weltlehrkräftetages der UNESCO am 5. Oktober: „Hört auf die Stimme der Lehrkräfte – Auf dem Weg zu einem neuen Gesellschaftsvertrag für die Bildung“. Sie solidarisieren sich mit Lehrkräften und Bildungsgewerkschaften weltweit.

Mit Blick auf die zunehmenden globalen Krisen betonen die beiden Vorsitzenden, Maike Finnern (GEW) und Gerhard Brand (VBE), die Bedeutung der Bildung in einem demokratischen System: „Bildung kann Menschen befähigen, sich ein Bild von der zunehmend komplexer werdenden Realität zu machen. Sie kann Minderheiten in ihrem Kampf um Achtung und Würde stärken und einen Weg zu einem erfüllten und erfolgreichen Leben ebnen. Zudem ist Bildung ein Grundrecht in einer demokratischen Gesellschaft. Dieses Grundrecht sehen wir angesichts der vielschichtigen Krisen im Bildungssystem zunehmend in Gefahr.“ Sie mahnen die Politik, den reaktiven Umgang mit schulischen Herausforderungen zu überwinden und aktiv grundlegende Verbesserungen im Bildungssystem anzustoßen.

„Die Lehrkräfte müssen ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag endlich wieder in einem angemessenen Rahmen nachgehen können“

Hierzu Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des VBE: „Seit vielen Jahren stolpern wir von einem Schock zum nächsten. Egal ob Pisa oder OECD-Bildungsbericht, stets kommen neue Herausforderungen ans Tageslicht. Weder die öffentliche Betroffenheit, die darauffolgt, noch die oftmals kopflos wirkenden politischen Reaktionen bewirken, abgesehen von wenigen Ausnahmen, Veränderungen, die auch im Schulalltag ankommen. Dieser Spießrutenlauf muss endlich ein Ende haben. Wir brauchen aktive Maßnahmen zu grundlegenden Veränderungen. Für Schulen, die heutigen und zukünftigen Herausforderungen gerecht werden können. Schulen, in denen alle Beteiligten gerne arbeiten, lehren und lernen. Schulen in denen Multiprofessionalität gelebt und Chancengleichheit effektiv befördert werden kann. Die Lehrkräfte müssen ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag endlich wieder in einem angemessenen Rahmen nachgehen können.“ Ein solcher Prozess könne nur gelingen, wenn die Expertise der Lehrkräfte stärker genutzt wird.

„Das Startchancenprogramm, das gerade anläuft, ist ein Schritt in die richtige Richtung – muss aber besser finanziert werden“

GEW-Vorsitzende Maike Finnern betonte: „Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung: Bund, Länder und Kommunen, die Gewerkschaften, Eltern- und Schülervertretungen sowie Wissenschaft und Bildungsadministration müssen sich gemeinsam an einen Tisch setzen und Handlungsstrategien entwickeln. Die Unterfinanzierung und der Fachkräftemangel überlagern alle anderen Fragen und blockieren Lösungen. Das Startchancenprogramm, das gerade anläuft, ist ein Schritt in die richtige Richtung – muss aber besser finanziert werden. Der Digitalpakt 2.0 ist immer noch nicht in trockenen Tüchern – es hakt bei der Finanzierung. Ab 2026 greift schrittweise der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in der Grundschule – nicht geklärt sind die Finanzierung und die erforderliche

Personalausstattung. Wir dürfen die Zukunft der nächsten Generation nicht aufs Spiel setzen und müssen für mehr Chancengleichheit sorgen.“

Hintergrund: Der Weltlehrkräftetag wird seit 1994 jährlich am 5. Oktober gefeiert. Die UNESCO, die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die Bildungsinternationale (BI) haben ihn ins Leben gerufen. Der 5. Oktober ist für die internationale Bildungsbewegung ein herausragendes Datum: 1964 haben UNESCO und ILO die „Charta zum Status der Lehrerinnen und Lehrer“ angenommen. Damit war es zum ersten Mal gelungen, in einem internationalen Konsens den Status des Lehrberufs in der Gesellschaft und die Verpflichtung der Politik zur Sicherung ausreichender Arbeits- und Lebensbedingungen für Pädagoginnen und Pädagogen festzuschreiben.

Die BI ist der internationale Dachverband von über 380 Bildungsgewerkschaften aus fast 180 Ländern. Sie vertritt weltweit mehr als 32 Millionen im Bildungswesen Beschäftigte. GEW und VBE sind Mitglieder der BI.

Quelle: News4teachers

Schule ist Spiegelbild der Gesellschaft!

Nach den letzten Europa- und Landtagswahlen wird für die Wahlentscheidung der Jüngeren „das Bildungssystem“ verantwortlich gemacht. Dazu kommentiert der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand: „Schule ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Jüngeren wählen zwar nicht wie früher progressiver als ihre Eltern, aber sie sind auch nicht die Sperrspitze einer antidemokratischen Bewegung. Die politischen Ränder werden insgesamt stärker und dieses Wahlverhalten sehen wir auch bei den Jüngeren. Denn: Sie bekommen mit, was in den Medien berichtet wird und welche Stimmung im Land ist. Schule muss natürlich ihren Teil beitragen, indem Projekte angeboten und Partizipation ermöglicht wird, aber damit diese demokratischen Grundwerte in den Kindern und Jugendlichen verankert und weiter ausgebaut werden, braucht es positive Vorbilder und eine Gesellschaft, die das fördert.“

Brand begrüßt eine ernstgemeinte Debatte über Demokratiebildung in der Schule: „Klassenrat, Zertifizierungsprozesse (wie zum Beispiel für „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“) oder selbstbestimmtes Lernen: Das Potenzial demokratischer Prozesse wird längst genutzt. Allerdings zeigte das jüngste Empfehlungspapier der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) auch erhebliche Optimierungsbedarfe. So geht der Lehrkräftemangel einher mit fachfremd gegebenem Politikunterricht. Dieser sollte zudem weiterentwickelt werden. Hier haben die Kultusministerien einen Handlungsauftrag.“

Nicht zuletzt schaut der VBE-Chef auch auf die finanzielle Ausstattung von Schule und Jugendhilfe: „Gerade bei Projekten, die Demokratie fördern und Jugendlichen Halt geben sollen, wird zuerst der Rotstift angesetzt. Wer nicht nur am Wahlmontag für die Demokratie an Schulen eintreten möchte, sollte damit beginnen, hierfür eine auskömmliche Finanzierung mit Perspektive zu sichern, anstatt hinzunehmen, dass von Haushalt zu Haushalt um die Förderung gezittert werden muss.“

VBE Pressedienst , Berlin 23.9.2024

Landtagswahl: Schulen müssen Zentrum des gesellschaftlichen Lebens werden

Laut Umfragen ist Bildung nach Migration das zweitwichtigste Wahlkampfthema in Brandenburg. Aus gewerkschaftlicher Sicht besteht großer Nachholbedarf.

Alexander Lipp engagiert sich im Brandenburgischen Pädagogen-Verband (BPV) und ist Mitglied der Landesjugendleitung der dbb jugend in Brandenburg. Als Lehrer für Politik unterrichtet er junge Menschen, die bei der Landtagswahl am Sonntag, 22. September, erstmals ihre Stimme abgeben. #staatklar hat mit ihm über Demokratiebildung, überfällige Reformen der Bildungspolitik und den drohenden Rechtsruck gesprochen.

#staatklar: Herr Lipp, junge Menschen befinden sich im Dauerkrisenmodus. Sie fühlen sich nicht gehört, die Belastungen angesichts der Krisen in der Welt sind groß, psychische Probleme nehmen zu. Das schürt Unzufriedenheit. Wie erleben Sie die Situation als Lehrer?

Alexander Lipp: Bei uns in der Schule nehme ich wahr, dass der Krisenmodus in den Hintergrund getreten ist. Insgesamt haben sich die jungen Menschen von der Pandemie inzwischen erholt. Allerdings mit einer Einschränkung: Wir haben deutlich mehr Fälle von Angststörungen, die sich nicht an konkreten Ursachen festmachen lassen. Das ist eine Herausforderung. Klar, Schulangst und Prüfungsangst hat es schon immer gegeben, aus oft nachvollziehbaren Gründen. Aber diese Dimension der starken Verunsicherung der Jugendlichen ist seit Corona neu.

Wie gehen Sie damit um?

Es ist wichtig, individuelle Lösungen zu finden und Druck herauszunehmen. Ganz akut kann es helfen, wenn die Schulsozialarbeiterin im geschützten und bewertungsfreien Raum als Gesprächspartnerin zur Verfügung steht. Es ist auch schon vorgekommen, dass sie bei einer Panikattacke in der Abiturprüfung mit dem Betroffenen einen Spaziergang gemacht hat. Das sind einige Beispiele, bei denen wir helfen können.

Gibt es überhaupt ausreichend Sozialarbeitende in den brandenburgischen Schulen?

Natürlich kann man die Frage, was ausreicht, immer ausgiebig diskutieren. Fakt ist: Es besteht eine enorme Nachfrage an allen Schulen. Und damit meine ich nicht nur die Nachfrage bei den Schülerinnen und Schülern.

Auch die Eltern nehmen das Angebot sehr gerne an; beispielsweise organisiert die Kollegin Informationsveranstaltungen über Drogenmissbrauch oder Mediennutzung. Das ist eine sinnvolle Entlastung der Lehrkräfte, die ohnehin schon viele Aufgaben außerhalb des Unterrichts übernehmen müssen, für die sie – wenn überhaupt – nur oberflächlich ausgebildet sind. Wir Lehrkräfte haben ebenfalls mit der Sozialarbeit eine Anlaufstelle vor Ort, wo wir Rat suchen und Unterstützung finden können.

Die Zeit fehlt und das ist angesichts des Lehrkräftemangels leider Normalität, weil die Personaldecke einfach viel zu dünn ist. Wenn ich merke, dass bei einem jungen Menschen etwas nicht stimmt, ist es sehr hilfreich, wenn ich sofort die Sozialarbeiterin ins Boot holen kann.

Die Bildungspolitik bewegt die Menschen in Brandenburg – laut einer Umfrage des ZDF ist sie mit 21 Prozent das zweitwichtigste Thema im Wahlkampf. Was muss sich ändern?

Früher haben die Lehrkräfte ihren Unterricht gemacht und das war’s in der Regel. Heute soll die Schule nicht nur bilden, sondern viele weitere Funktionen erfüllen und das ist im Grundsatz völlig richtig. Aber dafür müssen wir die Schule zum Zentrum des gesellschaftlichen Lebens machen. Da reichen Lehrkräfte, eine Sekretärin und ein Hausmeister nicht mehr aus.

Wir brauchen die Kompetenzen von Fachkräften, die alles abdecken, was im Schulalltag wichtig sein könnte: zum Beispiel Logopäden, Physiotherapeuten, Einzelfallhelfende, Verwaltungskräfte und eben Sozialarbeitende. Da gibt es noch großen Nachholbedarf. Hier erwarte ich eine konkrete Strategie – zumal es ja auch darum geht, die Vorgaben der UN-Behindertenkonvention umzusetzen. Man kann nicht einfach sagen: „Die Lehrkräfte machen jetzt Inklusion und los.“ Das funktioniert nicht. Alle Gruppen der Gesellschaft, die etwas beitragen können, müssen anpacken. Das meine ich mit der Schule als Zentrum des gesellschaftlichen Lebens.

Nicht zuletzt ist es aus gewerkschaftlicher Sicht erschreckend, dass es vor allem in Hinblick auf die Ausstattung und digitale Anbindung bisher kaum einheitliche Standards für Schulen gibt. Zu moderner Bildung gehören eben nicht mehr nur Tisch, Stuhl und Tafel. Die Politik muss hier Standards für eine moderne Schule verbindlich festlegen und schnellstmöglich umsetzen – und zwar verstärkt auf Landesebene, weniger im Kommunalen, um wirklich dieselben Bedingungen zu schaffen. Aktuell müssen Lehrkräfte mitunter über mehrere Jahre hinweg Dinge bei der Verwaltung beantragen, die längst überfällig sind.

Wahlumfragen sehen die AfD mit 29 Prozent an erster Stelle, gefolgt von der SPD mit 26 Prozent. Dass die AfD in Regierungsverantwortung kommt, gilt als unwahrscheinlich, weil niemand mit ihr koalieren möchte. Aber rein hypothetisch: Welche Folgen hätte es, wenn sie im Ministerium Bildungspolitik gestaltet?

Das wäre dramatisch, weil Bildungspolitik sehr direktiv gesteuert wird. Zwar beschließt der Landtag das Schulgesetz, aber das Bildungsministerium regelt viel über Verordnungen. Welche Fächer werden unterrichtet? Bekommen freie Schulen mehr Geld und welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen? Und ist es erlaubt, die eigenen Kinder zu Hause zu beschulen? Dies sind Beispiele für Fragen, die verdeutlichen, wie stark die AfD das staatliche Schulsystem in ihrem Sinne umkrempeln könnte.

Ich weiß von vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie einen AfD-Minister nicht als Dienstherrn akzeptieren wollen. Sie würden sich gegebenenfalls entpflichten lassen und in ein anderes Bundesland wechseln.

Als Politiklehrer müssen Sie sich auch im Unterricht mit der AfD befassen; in den Sozialen Medien erreicht die Partei viele junge Menschen.

Das ist richtig, in fast jedem Newsfeed findet sich AfD-Werbung. Der Content ist handwerklich gut gemacht und passt zur Zielgruppe. Natürlich müssen wir uns damit auseinandersetzen. Handlungsmaxime für Lehrkräfte, vor allem im Fach Politik, ist der sogenannte Beutelsbacher Konsens. Er besteht aus drei Teilen.

Erstens ist es nicht erlaubt, eine bestimmte Partei im Unterricht schlechtzumachen. Es muss Ergebnisoffenheit bestehen. Das bezeichnet man als Überwältigungsverbot. Zweitens muss alles, was die Gesellschaft kontrovers diskutiert, auch in der Schule kontrovers diskutiert werden – es geht darum, eine politische Frage aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Dahinter verbirgt sich das Kontroversitätsgebot.

Und drittens soll der Unterricht die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, politische Angebote zu analysieren und in die eigene Interessenlage einzuordnen. Sie sollen lernen, Daten und Fakten heranzuziehen und Falschbehauptungen zu erkennen.

Die Bildungspolitik bewegt die Menschen in Brandenburg – laut einer Umfrage des ZDF ist sie mit 21 Prozent das zweitwichtigste Thema im Wahlkampf. Was muss sich ändern?

Früher haben die Lehrkräfte ihren Unterricht gemacht und das war’s in der Regel. Heute soll die Schule nicht nur bilden, sondern viele weitere Funktionen erfüllen und das ist im Grundsatz völlig richtig. Aber dafür müssen wir die Schule zum Zentrum des gesellschaftlichen Lebens machen. Da reichen Lehrkräfte, eine Sekretärin und ein Hausmeister nicht mehr aus.

Wir brauchen die Kompetenzen von Fachkräften, die alles abdecken, was im Schulalltag wichtig sein könnte: zum Beispiel Logopäden, Physiotherapeuten, Einzelfallhelfende, Verwaltungskräfte und eben Sozialarbeitende. Da gibt es noch großen Nachholbedarf. Hier erwarte ich eine konkrete Strategie – zumal es ja auch darum geht, die Vorgaben der UN-Behindertenkonvention umzusetzen. Man kann nicht einfach sagen: „Die Lehrkräfte machen jetzt Inklusion und los.“ Das funktioniert nicht. Alle Gruppen der Gesellschaft, die etwas beitragen können, müssen anpacken. Das meine ich mit der Schule als Zentrum des gesellschaftlichen Lebens.

Nicht zuletzt ist es aus gewerkschaftlicher Sicht erschreckend, dass es vor allem in Hinblick auf die Ausstattung und digitale Anbindung bisher kaum einheitliche Standards für Schulen gibt. Zu moderner Bildung gehören eben nicht mehr nur Tisch, Stuhl und Tafel. Die Politik muss hier Standards für eine moderne Schule verbindlich festlegen und schnellstmöglich umsetzen – und zwar verstärkt auf Landesebene, weniger im Kommunalen, um wirklich dieselben Bedingungen zu schaffen. Aktuell müssen Lehrkräfte mitunter über mehrere Jahre hinweg Dinge bei der Verwaltung beantragen, die längst überfällig sind.

Wahlumfragen sehen die AfD mit 29 Prozent an erster Stelle, gefolgt von der SPD mit 26 Prozent. Dass die AfD in Regierungsverantwortung kommt, gilt als unwahrscheinlich, weil niemand mit ihr koalieren möchte. Aber rein hypothetisch: Welche Folgen hätte es, wenn sie im Ministerium Bildungspolitik gestaltet?

Das wäre dramatisch, weil Bildungspolitik sehr direktiv gesteuert wird. Zwar beschließt der Landtag das Schulgesetz, aber das Bildungsministerium regelt viel über Verordnungen. Welche Fächer werden unterrichtet? Bekommen freie Schulen mehr Geld und welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen? Und ist es erlaubt, die eigenen Kinder zu Hause zu beschulen? Dies sind Beispiele für Fragen, die verdeutlichen, wie stark die AfD das staatliche Schulsystem in ihrem Sinne umkrempeln könnte.

Ich weiß von vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie einen AfD-Minister nicht als Dienstherrn akzeptieren wollen. Sie würden sich gegebenenfalls entpflichten lassen und in ein anderes Bundesland wechseln.

Als Politiklehrer müssen Sie sich auch im Unterricht mit der AfD befassen; in den Sozialen Medien erreicht die Partei viele junge Menschen.

Das ist richtig, in fast jedem Newsfeed findet sich AfD-Werbung. Der Content ist handwerklich gut gemacht und passt zur Zielgruppe. Natürlich müssen wir uns damit auseinandersetzen. Handlungsmaxime für Lehrkräfte, vor allem im Fach Politik, ist der sogenannte Beutelsbacher Konsens. Er besteht aus drei Teilen.

Erstens ist es nicht erlaubt, eine bestimmte Partei im Unterricht schlechtzumachen. Es muss Ergebnisoffenheit bestehen. Das bezeichnet man als Überwältigungsverbot. Zweitens muss alles, was die Gesellschaft kontrovers diskutiert, auch in der Schule kontrovers diskutiert werden – es geht darum, eine politische Frage aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Dahinter verbirgt sich das Kontroversitätsgebot.

Und drittens soll der Unterricht die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, politische Angebote zu analysieren und in die eigene Interessenlage einzuordnen. Sie sollen lernen, Daten und Fakten heranzuziehen und Falschbehauptungen zu erkennen.

Was würden Sie den Menschen, die zur Wahl aufgerufen sind, aus gewerkschaftlicher Sicht mit auf den Weg geben?

Gehen Sie zur Wahl, geben Sie Ihre Stimme ab – und bei allem Unmut, den es bei dem einen oder anderen geben mag: Eine Stimme kann auch Schaden anrichten. Alle sollten für sich sorgfältig überlegen, was sie als Bürgerinnen und Bürger verantworten wollen.

Von der Politik wünsche ich mir, dass sich die demokratischen Parteien besonnen verhalten, die Bundespolitik ausklammern und nach der Wahl sachlich analysieren, wie sie das Land Brandenburg bestmöglich zum Wohle der Brandenburgerinnen und Brandenburger voranbringen können.

Interview: Christoph Dierking, Link zum Artikel im staatklar Magazin: https://www.staatklar.org/artikel/lehrer-fordert-schulen-muessen-zentrum-des-gesellschaftlichen-lebens-werden.html

Bildung braucht Bindung – Bildung braucht uns!

„Kinder werden starke Persönlichkeiten durch starke Lehrkräfte. Neben einem verlässlichen und liebevollen Elternhaus brauchen sie Lehrkräfte, die ihnen Zutrauen, Stärke und Vertrauen in ihre Fähigkeiten geben“, fasst der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, die Ergebnisse einer Diskussion bei der letzten Bundesvorstandssitzung zusammen.

„Wir als Lehrkräfte bemängeln, dass die bildungspolitische Diskussion sich hauptsächlich auf ein einziges Ziel konzentriert: die Steigerung der Quote von Kindern, die die Mindeststandards erreichen. Selbstverständlich ist es elementar wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler lesen, schreiben und rechnen können. Da widerspricht niemand. Gleichzeitig darf in der Diskussion um das Erreichen von Mindeststandards nicht vergessen werden, was dafür notwendig ist: Ohne Bindung keine Bildung. Die professionelle Beziehung zwischen den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern ist das Fundament für nachhaltiges Lernen“, bekräftigt Brand.

Der VBE-Bundesvorstand führte eine konstruktive Diskussion, in der insbesondere die Motivation der Lehrkräfte deutlich wurde. Wer Lehrkraft werden möchte oder ist, übt den Beruf aus, um Kinder für ihr Leben in der Gesellschaft vorzubereiten und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Deshalb darf der Blick in das Klassenzimmer nicht verengt werden auf das Messen, Vergleichen und Erbringen von Quoten. Der VBE-Chef erläutert: „Das einzelne Kind und seine spezifischen und individuellen Stärken und Schwächen sind für uns entscheidend. Wir als Lehrkräfte geben Kindern eine Stimme – als Profis für die Bildung. Wir melden uns deswegen – fern aller Kampagnen, Bündnisse und Studien – heute zu Wort!“ Denn: „Jeden Tag kommen neue Ergebnisse, die das Lehren und Lernen in Schule beleuchten. Es hilft aber nicht, noch mehr der gleichen Erkenntnisse zu produzieren. Vielmehr braucht es ausreichend Zeit und Ressourcen, um ins Lernen zu kommen.“

Mitglieder des Bundesvorstandes berichteten eindrücklich aus ihrem Alltag, in dem sie mit Jugendlichen arbeiten, die verhaltensauffällig sind, teilweise Straftaten begehen, depressiv oder aggressiv werden, psychische und psychiatrische Störungen entwickeln und orientierungslos sind. Andere wissen zu berichten, wie unterschiedlich die Lebensrealitäten von Kindern und Erwachsenen sind und was es mit der Jugend macht, in Zeiten multipler Krisen aufzuwachsen.

Und nicht zuletzt zeugte die Diskussion aber auch eindrücklich davon, wie hoch die Motivation ist, Lehrkraft zu werden, zu sein und zu bleiben – allerdings braucht es dafür ganz konkrete Unterstützung. Brand fordert: „Die Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen und Pädagogen müssen verbessert werden – nur so können wir Kinder und Jugendliche stark und resilient für das Leben von morgen machen. Dafür braucht es große Entscheidungen und mutige Veränderungen, die von der Gesellschaft getragen und von der Politik ausfinanziert werden.“

VBE-Pressedienst, Berlin, 12. September 2024

In der Bildung der Kinder und Jugendlichen liegt die Zukunft Brandenburgs

Grundsätze des Brandenburgischen Pädagogen-Verbandes zur Landtagswahl 2024 in Brandenburg

Ja! Das sagen alle Politiker:innen vor der Wahl. Und nach der Wahl? An folgenden Grundsätzen wollen wir die Kandidatinnen und Kandidaten für den neuen Landtag messen.

  1. Bildungspolitik ist Investitionspolitik
  • Unterricht ist in jeder Jahrgangsstufe und in jedem Fach durch dafür qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen zu erteilen.
  • Wir fordern:
  • keine Erhöhung von Unterrichtsverpflichtung,
  • Beibehaltung von Möglichkeiten der Teilzeit,
  • Abbau von Bürokratie, Erleichterung von Verwaltungsprozessen,
  • keine Streichung der Ermäßigung aus Altersgründen,
  • Ermäßigungstatbestände für besondere Aufgaben.
  • Es ist zu garantieren, dass Lehrpersonen ohne Lehramtsausbildung vor dem Einsatz, spätestens jedoch am Beginn des Unterrichtseinsatzes eine Pädagogische Grundqualifizierung erhalten.
  • Um Lehrpersonen langfristig im Schuldienst zu binden, ist ihnen mittelfristig eine Weiterqualifizierung mit dem Ziel einer Qualifizierung bis zum Lehramt anzubieten. Das Land Brandenburg hat dafür geeignete Angebote zu schaffen und zu finanzieren.
  • Damit diese Seiteneinsteigenden die passende Weiterqualifizierung erhalten, ist ihre Lehrtätigkeit regelmäßig (mindestens zweimal je Schuljahr) zu beurteilen und ein individueller Weiterbildungsplan mit jedem Betroffenen zu erarbeiten.
  • Die territoriale Konzentration oder die Konzentration auf einzelne Schulen oder Schulformen mit Lehrkräften, die über den Seiteneinstieg in den Schuldienst gelangt sind, ist zu vermeiden.
  • Unbesetzte Stellen werden befristet kapitalisiert und den Schulen als frei verfügbares Budget zur Verfügung gestellt.
  • Seiteneinsteiger im Kitabereich müssen ähnlich wie Seiteneinsteiger im Schulbereich vor ihrem Einsatz qualifiziert werden und die Möglichkeit eines qualifizierten Berufsabschlusses erhalten.
  1. Schulstruktur, Lerninhalte, bildungspolitische Projekte
  • Gemeinsames Lernen, Inklusion und Integration aufgrund von verstärkter Migration sind Realität in den Schulen. Sie sind mit ausreichend Personal (Zweitlehrer, Sonderpädagogen, pädagogische Unterrichtshilfen, Lernbegleiter) abzusichern.
  • Schulen mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten sind auch weiterhin unabdingbar.
  • Zentrale Vergleichstests sind auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Sie sollen digital durchgeführt und ausgewertet werden.
  1. Lehrerausbildung und Lehrerweiterbildung
  • Die angebotenen Studienplätze sind am Bedarf zu orientieren!
  • Das Lehramtsstudium muss praxisnah sein.
  • Schwerpunkte in der Bachelorphase müssen neben den Fachwissenschaften Erziehungswissenschaften und Psychologie sowie Methodik und Didaktik sein. Die Masterphase ist berufsbegleitend zu absolvieren.
  • Für die dritte Ausbildungsphase müssen bedarfsgerechte Fortbildungsangebote organisiert werden.
  • Fortbildungen und Dienstreisen sind grundsätzlich im dienstlichen Interesse anzuerkennen.
  1. Lehrerinnen und Lehrer
  • Keine Erhöhung der wöchentlich zu erteilenden Unterrichtsstunden in allen Schulformen!
  • Für jede über den eigentlichen Unterricht und seine Vor- und Nachbereitung hinausgehende Aufgaben müssen Anrechnungsstunden gewährt werden.
  • Aufstiegsmöglichkeiten sind durch entsprechend vergütete Funktionsstellen zu schaffen.
  • Angemessene Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte in allen Lebensphasen sind zu gewährleisten.
  • Schulen und Lehrkräften müssen mehr Mittel für eine Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Arbeit von Lehrkräften ist öffentlich wertzuschätzen.
  • Würdigung und Anerkennung von besonderen Arbeitsleistungen im Schuldienst hat zu erfolgen.
  • Gewalt gegen Lehrkräfte, auch Gewalt in den Klassen und im Elternhaus, müssen stärker beachtet und entsprechende Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden. Dazu ist ein Netz aus Beratungsstellen, Polizei und Psychologen zu schaffen und die Rechte der Lehrkräfte zu stärken.
  1. Personalausstattung unter Berücksichtigung des Demografiewandels bis 2030
  • Funktionsstellen sind ordentlich zu besetzen und zu vergüten. Die Laufbahnverordnung ist anzupassen.
  • Die Erhöhung der Vertretungsreserven auf mindestens 10 % ist erforderlich.
  • Die Obergrenzen der Klassenfrequenzen sind zu senken.
  • Lehrerinnen und Lehrer müssen von allen nichtpädagogischen Tätigkeiten entlastet werden.
  • Eine angemessenen Stellenzahl für Sozialarbeit an Schulen, Schulpsychologen sowie anderen Professionen multiprofessionaler Teams ist einzurichten.
  1. Digitalisierung und Schule
  • Die Landesregierung hat ein Digitalkonzept zu erstellen und zu realisieren, welches den Bereich Bildung einschließt.
  • Es müssen insbesondere landesweite Mindeststandards für die Ausstattung der Schulgebäude und Schüler- und Lehrerarbeitsplätzen festgelegt werden.
  • Für die Nutzung der künstlichen Intelligenz in der Schule müssen rechtsverbindliche Festlegungen getroffen werden.

Diese Grundsätze wurden beschlossen auf der Sitzung des erweiterten Landesvorstandes des BPV am 18.11.2023.

 

Brandenburgischer Pädagogen-Verband

Präsident: Hartmut Stäker

Kontakt:         staeker@bpv-vbe.de

 

Umsetzung der Verhandlungsergebnisse zum TV-L

Am 07.12.2023 fand die dritte und entscheidende Verhandlungsrunde zum TV-L in Potsdam statt.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Einsatz der Vertreter der Gewerkschaften gelohnt hat, sowohl am Verhandlungstisch als auch bei den Demos und Mahnwachen und Wirkung beim Arbeitgeber gezeigt hat.

 

Eckpunkte der Tarifeinigung sind:

1. Eine Inflationsausgleichszahlung von 3000 €. Davon

  • 1800 € im Dezember 2023 und
  • je 120 € monatlich von Januar 2024 bis Oktober 2024;
  • Diese Zahlungen sind steuer- und sozialabgabenfrei.

2. Die Erhöhung aller Einkommen um 200 € (Sockelbetrag) ab dem 01.11.2024.

3. Die Erhöhung der Einkommen um 5,5 % ab dem 01.02.2025.
(Der Mindestbetrag der Erhöhung muss einschließlich des Sockelbetrages mindestens 340 € betragen).

4. Die Laufzeit des Vertrages beträgt 25 Monate.

 

Teilzeitbeschäftigte erhalten jeweils den entsprechenden Anteil des genannten Betrages.

 

Jetzt ist es wichtig, dass dieser Abschluss auf die Landes- und Kommunalbeamten und auf die betroffenen Pensionäre übertragen wird. Dazu hat bereits im Oktober die Landesregierung in der Ergebnisniederschrift „über die Gespräche zur Zukunftsfestigkeit des TV Umbau II sowie zu aktuellen Fragen des öffentlichen Dienst- und Arbeitsrechts“ die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung auf die Besoldungs- und Versorgungsempfängerinnen und -empfänger des Landes zugesichert. Voraussetzung ist grundsätzlich die Zustimmung des Landtages zu den erforderlichen Gesetzesänderungen in den Beamtengesetzen.

 

Die Befassung im Parlament mit der Inflationsausgleichszahlung für die Beamten fand am 20.12.2023 statt.

Nachdem der Landtag nun diese Gesetzesänderungen beschlossen hat, ist die Erarbeitung der Durchführungsbestimmungen notwendig, damit die Mitarbeiter der ZBB die Zahlungen anweisen können.

Diese Zahlung kann also jetzt anTarifbeschäftigte und beamtete Lehrkräfte erfolgen.

Die Umsetzung wird aber vermutlich aus organisatorischen Gründen noch einige Wochen dauern.

 

Folgende Auszahlungsbeträge wurden festgelegt:

 

PersonenkreisBetrag für Dezember 2023Jan. 24 bis Okt. 24 monatlich
in Vollzeit Tätige1800,- €120,- €
in Teilzeit Tätigeanteilig entsprechend Teilzeit von 1800,- €anteilig entsprechend Teilzeit von 120,- €
PensionäreProzentual anteilig entsprechend des Ruhegehaltssatzs von 1800,- €anteilig entsprechend Ruhegehaltssatz von 120,- €
LAK1000,- €50,- €
in Elternzeit befindliche Beamte oder Tarifbe-schäftigte, sowie Rentner0,- €0,- €

 

Hartmut Stäker, Präsident des BPV

dbb-Vorsitzender Silberbach weist Kritik an Lehrkräften entschieden zurück

Die jüngste PISA-Studie hat den immensen Handlungsbedarf im Bildungsbereich offenbart. Andreas Schleicher wetterte daraufhin gegen Lehrkräfte.

Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung sagte Schleicher unter anderem, dass der Lehrerberuf intellektuell nicht anspruchsvoll sei und dass Lehrkräfte „Befehlsempfänger“ seien, die sich ein Beispiel an China nehmen sollten. Darüber hinaus bestritt er die Belastung im Berufsalltag.

„Schleicher wird seiner Verantwortung als internationaler Koordinator der PISA-Studie nicht gerecht“, kritisierte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 8. Februar 2024 in Berlin. „Diese realitätsferne Sichtweise wird uns nicht aus der Bildungsmisere helfen. Sie verkennt die erstklassige Arbeit, die die Kolleginnen und Kollegen Tag für Tag in den ihnen vorgegebenen Strukturen leisten. Wir laden Herrn Schleicher herzlich zu einem Schulbesuch ein, sodass er sich persönlich ein Bild von der alltäglichen Belastung unserer Lehrkräfte machen kann.“ Zudem belegten unzählige Studien das hohe Maß an Belastung der Lehrkräfte belegen, so der dbb Chef.

„Um die Bildungsqualität in unserem Land nachhaltig zu verbessern, müssen entschiedene Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel ergriffen und angemessene Rahmenbedingungen für die Beschäftigten gewährleistet werden. Pauschale Kritik an einer gesamten Berufsgruppe bringt uns da nicht weiter“, appellierte Silberbach.

Hintergrund
Die internationale Schulleistungsstudie PISA, die im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt wird, erfasst die Kompetenzen von 15-jährigen Jugendlichen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. In der aktuellen Studie, die im Frühjahr 2022 durchgeführt wurde, haben die deutschen Schülerinnen und Schüler das bisher schlechteste Ergebnis erzielt. Der große Handlungsbedarf im Bildungsbereich wurde bereits zuvor von zahlreichen weiteren Studien belegt.

Ruheständler als Personalreserve? Wegfall der Hinzuverdienstgrenze ab 1.8.2024

Der akute Lehrkräftemangel steht in vielen Lehrerkollegien unserer Schulen der Altersstruktur gegenüber und Lösungen sind oft nicht in Sicht. Gern würden einige Schulen ihre erfahrenen Lehrkräfte behalten, aber die Gesetzeslage lässt es oft nicht zu.

Mit jedem, der in den Ruhestand geht, fällt eine erfahrene und gut ausgebildete Lehrkraft weg. Manche würden aus dem Ruhestand heraus ihre Schule durch Vertretung oder Zusatzangebote noch gern unterstützen. Dem steht für pensionierte Lehrkräfte, die nach wie vor vom Dienstherren alimentiert werden, bisher das Beamtengesetz im Wege. Bei einer Tätigkeit der Pensionäre entstehen Einkommenseinbußen und unbezahlte Tätigkeiten sind versicherungsrechtlich nicht abgedeckt. Also gehen guter Wille und Realität nicht auf demselben Weg, obwohl jede Lehrkraft und sei es auch stundenweise in vielen Schulen gebraucht wird.

Wie ist die Gesetzeslage bisher?

Für Beamtinnen und Beamte, die dienstunfähig sind (was nicht auf einen Dienstunfall beruht) oder die aufgrund der Nutzung der Antragsaltersgrenze (mindestens 63 Jahre, siehe § 46 Absatz 1 Satz 2 des Landesbeamtengesetzes) in den Ruhestand gegangen sind, gilt aktuell eine Hinzuverdienstgrenze von 71,75% der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet. Die Pension und der Hinzuverdienst (auch Pension + Renteneinkünfte) dürfen also diese prozentuale Grenze nicht überschreiten. Wird diese Grenze überschritten, erfolgt eine Kürzung der Pension um diesen Überschreitungsbetrag. Man arbeitet also teilweise umsonst.

Wie ist die neue Situation?

Dieses Problem wurde nun erkannt und Möglichkeiten geschaffen, pensionierte Lehrkräfte bei Bedarf, problemlos für den Unterricht oder andere pädagogische Tätigkeiten einzusetzen. Diese temporäre Änderung der Hinzuverdienstgrenze wurde für sieben Jahre ermöglicht. Danach soll der Bedarf erneut geprüft werden.

Diese Änderung des § 74 des Brandenburgischen Beamtenversorgungsgesetzes soll möglichst ab dem 1. August 2024, spätestens aber ab 1. Januar 2025 gelten. Dies hat die Landesregierung mit den Gewerkschaften und Verbänden in der Ergebnisniederschrift über „die Gespräche zur Zukunftsfestigkeit des TV Umbau II sowie zu aktuellen Fragen des öffentlichen Dienst- und Arbeitsrechts“ am 17./ 18. Oktober 2023 in Potsdam vereinbart.

Damit diese Verbesserungen in der Personalplanung für das kommende Schuljahr 2024/25 noch berücksichtigt werden kann, erfolgte die notwendige Gesetzesänderung bereits.

Bei Tarifbeschäftigten stellte das kein Problem dar, da ab dem 01.01.2023 für Rentner und Rentnerinnen die Zuverdienstgrenzen abgeschafft wurde, egal ob man mit 63, 64 Jahren oder mit Erreichen der Regelaltersgrenze in die Rente geht.

Jeder, der sich also mit dem Gedanken trägt, im Ruhestand weiter zu arbeiten, auch stundenweise, sollte seine Bereitschaft in der „Wunschschule“ oder im Schulamt rechtzeitig signalisieren.

Sie müssen aber wissen, dass man sowohl als Pensionär als auch ehemals Tarifbeschäftigter für diese Tätigkeiten als Tarifbeschäftigter der Stufe 1 (max. 3) eingestellt wird.

Endlich Entlastung ermöglichen!

  • Lehrkräftemangel besiegt? Studie der Bertelsmann Stiftung sieht schon 2024 leichten Überschuss an Grundschullehrkräften.
  • VBE-Chef Brand kritisiert, dass sich Prognosen nur an Status Quo orientieren und nicht an tatsächlichen Aufgaben. Weitere Herausforderungen sind große Lerngruppen, zu geringe Kooperationszeiten und fehlende Fortbildungsmöglichkeit. Fraglich ist auch, wie groß Überschuss nach Rückführung der Abordnungen ist.
  • Er fordert 110 Prozent Lehrkräfte an Schulen, die gemeinsam mit Mitgliedern multiprofessioneller Teams Unterricht gestalten.

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die heute veröffentlicht wurde, zeigt zwar, dass der Lehrkräftemangel insgesamt bestehen bleibt. Gleichzeitig heißt es, dass schon zum nächsten Schuljahr ausreichend Grundschullehrkräfte auf dem Markt sein sollten, um den Status Quo aufrecht zu erhalten, sowie ein leichter Überschuss. Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, warnt aber vor voreiligen Schlüssen: „Die Begeisterung über das nahende Ende des Lehrkräftemangels an Grundschulen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bedarfszahlen nur am Status Quo orientiert sind. Aber die Prognosen müssen sich endlich an den tatsächlichen Aufgaben, die an Schule herangetragen werden, orientieren. Inklusion, Ganztag und die zunehmende Heterogenität stellen Anforderungen an Lehrkräfte, die nicht allein zu stemmen sind. Zumal die Lerngruppengrößen vielerorts stetig hochgesetzt wurden. Eine Verkleinerung ist dringend angeraten.“

Offen sei zudem, so Brand, wie groß der Überschuss sei, wenn alle Lehrkräfte, die an die Grundschule abgeordnet sind, wieder an die ursprüngliche Schulform zurückkehren würden: „In den letzten Jahren wurden viele Wege gegangen, um den Unterricht in der Grundschule zu gewährleisten. Die Kolleginnen und Kollegen leisteten Großes und sind über ihre Grenzen hinausgegangen. Jetzt ist es an der Zeit, sie zu entlasten.“

„Der Vorwurf des Einzelkämpfertums wird immer wieder erhoben. Dabei ist es schlicht die Konsequenz der Bildungspolitik, wenn nicht ausreichend Kooperationszeiten im Deputat inbegriffen sind und jede Lehrkraft auf Fortbildung den Ausfall von Schulstunden oder gar -tagen für die Lernenden verantworten muss“, so der VBE-Chef weiter. Deshalb fordert der VBE eine auskömmliche Personaldecke, mit der neben Zeiten für Fortbildung und Kooperation auch krankheitsbedingte Abwesenheiten besser abgefedert werden können. Dafür braucht es mindestens 110 Prozent Personal an den Schulen, ergänzt um Mitglieder eines multiprofessionellen Teams.

Nicht zuletzt erwartet der VBE Bundesvorsitzende Brand, dass nicht alle Schulen gleichermaßen von dem zu erwartenden Überschuss an Grundschullehrkräften profitieren werden: „Wir haben in den letzten Jahren sehr deutlich gesehen, dass Schulen, an denen aufgrund der immensen Herausforderungen die höchste pädagogische Expertise notwendig wäre, die höchsten Seiteneinstiegsquoten verzeichnet wurden. Es bleibt anzunehmen, dass Schulen in herausfordernden Lagen weiter keine angemessene Personalausstattung bekommen werden.“

BPV gratuliert: Die Hochschulperle des Jahres 2023 geht an die BTU

Der neue praxisintegrierende Studiengang Lehramt Primarstufe der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) ist aus dem Publikums-Voting des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft zur Hochschulperle des Jahres 2023 als Sieger hervorgegangen. Er konnte rund 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Im Oktober 2023 hatte die BTU die Hochschulperle des Monats des Stifterverbandes zum Thema „Lehrkräftebildung neu denken“ für das Konzept zur Etablierung und Umsetzung des innovativen Studiengangs Lehramt Primarstufe gewonnen. Am 16. und 17. Januar 2024 standen die zwölf Hochschulperlen der Monate Januar bis Dezember per SMS-Abstimmung zur Wahl für die Hochschulperle des Jahres 2023. Mit 24,82 Prozent konnte das BTU-Projekt das 24-stündige Voting mit großem Abstand gewinnen und erhält ein Preisgeld von 3.000 Euro. Den zweiten Platz errang das Projekt „Back to School“ der Universität Vechta mit 17,01 Prozent der Stimmen. Das Projekt „International Teacher Education“ der Goethe-Universität Frankfurt am Main sicherte sich mit einem Stimmenanteil von 12,38 Prozent den dritten Platz.

Prof. Dr. Peer Schmidt, Vizepräsident für Studium und Lehre der BTU, betont: „Die Freude über den Gewinn der Hochschulperle des Jahres ist an der BTU riesengroß. Ich danke dem Stifterverband für das tolle Forum des diesjährigen Preises „Lehrkräftebildung neu denken“ und ganz besonders den vielen Universitätsangehörigen, Kooperationspartner*innen und Unterstützer*innen außerhalb der Universität, die uns während der Aufbauphase des Studiengangs so intensiv begleitet haben und die uns nun auch in der abschließenden Abstimmung unterstützt haben. Die Auszeichnung mit der Hochschulperle des Jahres ist uns eine starke Motivation, bei der Entwicklung des innovativen Studiengangs Lehramt Primarstufe weiter voranzuschreiten.“

Das gesamte theoretische Studium wird von integrativen Praxiswochen begleitet, wobei die an der Lehrkräftebildung beteiligten Disziplinen eng zusammenarbeiten. Zentraler Orientierungspunkt ist der ganzheitliche Blick auf die Bildungsprozesse des Kindes.  

Um dem massiven Lehrermangel zu begegnen, versuchen die BTU und das Land Brandenburg mit dem Studiengang Lehramt Primarstufe deutschlandweit einen ganz neuen Weg zu gehen. Den Studierenden wird in Lernwerkstätten an der Universität das theoretische und pädagogische Wissen als Fundament für den angestrebten Beruf als Lehrkraft vermittelt. Die sogenannten schulpraktischen Studien erfolgen als integrative Komponente des Studiums und werden semesterbegleitend reflektiert. Sie bieten einen direkten Einblick in die schulischen Handlungsfelder. Somit erlernen die Studierenden die essenziellen Kompetenzen für die Arbeit mit Grundschulkindern, wie Motivation oder Begeisterung am Verstehen und Anwenden auf besonders praxisnahe Art und Weise. Die ersten beiden semesterbegleitenden Praktika im Bachelorstudiengang umfassen wöchentliche Hospitationen und Gespräche mit Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern sowie individuell durchgeführte Unterrichtseinheiten. Im dritten Praktikum werden bildungswissenschaftliche oder inklusionspädagogische Fragen bearbeitet. Ein Novum bundesweit ist der duale Masterstudiengang, der erstmals im Wintersemester 2026/27 startet.

Die Jury des Stifterverbandes hatte die Auszeichnung des BTU-Projektes mit der Hochschulperle des Monats Oktober 2023, die Grundlage der aktuellen Abstimmung zur Hochschulperle des Jahres war, folgendermaßen begründet:
„Für Studierende ist es sehr attraktiv, vom ersten Semester an auch in der Schule tätig zu sein. An das jetzt gestartete Bachelorstudium wird sich ab dem Wintersemester 2026/27 ein in gleicher Weise praxisintegrierender Masterstudiengang anschließen. Es soll dann der erste duale Masterstudiengang im Lehramt sein. Dieses Konzept ist zeitgemäß und beispielhaft für weitere mutige Ansätze in der Lehrkräftebildung“.

Mehr zu dem von Prof. Dr. Juliane Noack Napoles geleiteten Studiengang Lehramt Primarstufe der BTU, dem Siegerprojekt 2023:
https://www.b-tu.de/lehramt-primarstufe-bed

Der Stifterverband zeichnet jeden Monat innovative Projekte an Hochschulen aus. Die Aktion Hochschulperle soll diese vorbildlichen Projekte stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Der Stifterverband ist eine Gemeinschaft von rund 3.500 engagierten Menschen, Unternehmen und Organisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Ziel seiner Arbeit ist, Bildung und Wissenschaft neu zu denken und zu gestalten, um die Innovationskraft der Gesellschaft nachhaltig zu stärken. Als zentraler Impulsgeber analysiert er aktuelle Herausforderungen, fördert Modellprojekte und ermöglicht deren Verbreitung in vielfältigen Netzwerken. Er vernetzt Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, entwickelt gemeinsam Ideen und stößt politische Reformen an. In seinem Wirken konzentriert er sich auf zwei Handlungsfelder: Bildung und Kompetenzen sowie Kollaborative Forschung und Innovation.
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Lehramt Primarstufe
Prof. Dr. Juliane Noack Napoles
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